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Allzweckmittel Antibiotika?

Was Sie über die Arzneimittel wissen sollten.

Wir sind krank, gehen zum Arzt und kommen mit einem Rezept für ein Antibiotikum in der Hand aus der Arztpraxis. Wer hat sich nicht schon einmal die Frage gestellt, ob es jetzt wirklich sinnvoll ist, das Antibiotikum mit all den bekannten Nebenwirkungen einzunehmen? Wir klären Sie auf, was Antibiotika sind, wie sie wirken und vor allem, wann sie wirken.


1928 entdeckt der Bakteriologe Alexander Fleming durch einen doch eher zufälligen Versuch den Grundstein für das heutige Penicillin. In einer Petrischale haben sich Schimmelpilze gebildet, die fähig sind, ein Bakterium zu zerstören. Fleming extrahiert diese und nennt sie „Penicillin“ – die Basis heutiger Antibiotika.

Der Durchbruch folgt jedoch erst Jahre später – während des Zweiten Weltkrieges, als Forscher herausfinden, dass selbst aggressive Bakterien mithilfe des Penicillins abgetötet werden können. 1943 werden erste große Versuche in Nordafrika erfolgreich durchgeführt. Dank des Penicillins überleben verwundete Soldaten, die ansonsten an umfangreichen Amputationen und / oder Wundbrand gestorben wären.

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gilt Penicillin als das Wundermittel überhaupt: Vorher nicht behandelbare Krankheiten wie bakterielle Lungenentzündungen, Syphillis, Wundstarrkrampf, etc. können nun erfolgreich bekämpft werden.

Mit jedem Erfolg kommen jedoch auch die Nebenwirkungen. Durch den immensen Einsatz in der Human- und Veterinärmedizin entwickeln sich immer mehr resistente Erreger – das Antibiotikum wird unwirksam. Die Forschung muss also immer wirkungsvollere Varianten entwickeln.

Dass es soweit kommen kann, deutet Fleming bereits 1945 an, als er den Nobelpreis erhält: „Wenn wir dieses Mittel verantwortungslos einsetzen, werden wir es wieder verlieren.“

Antibiotika sind Arzneimittel, welche zur Behandlung von bakteriellen Infektionen eingesetzt werden. Es gibt unterschiedliche Arten von Antibiotika, die unter anderem nach ihrem Wirkungsspektrum, ihrer Wirksamkeit und dem Wirkungsmechanismus unterschieden werden können.


Nach Wirkungsspektrum

  • Breitspektrumantibiotikum (wirkt gegen viele verschiedene Bakterien)
  • Schmalspektrumantibiotikum (Einsatz gezielt gegen bestimmte Bakteriengruppen)
  • Reserve-Antibiotikum (Einsatz bei resistenten Erregern bzw. sehr starken Infektionen)

Nach Wirksamkeit

  • Bakteriostatische Antibiotika (hemmen die Vermehrung von Bakterien, töten diese aber nicht)
  • Bakterizide Antibiotika (hemmen das Wachstum und töten die Erreger außerdem ab)

Nach Wirkmechanismus bzw. Angriffspunkt:

  • Hemmen den Aufbau der bakteriellen Zellwand
  • Verhindern die Vermehrung der bakteriellen DNA
  • Beeinflussen die Protein-Herstellung im Bakterium
  • Stören die Tetrahydrofolsäure-Synthese (Erzeugen eines Folsäuremangels im Bakterium)

Gramfärbung als Einteilung von Bakterien: Angabe der Zellwanddicke

  • Zellwand besteht aus Cellulose, Pektinen, Polysacchariden > diese reichern den Farbstoff an
  • Anfärbung mit Methylenblau
  • dünne Zellwand (=wenig Polysaccharide): Farbe rosa-rötlich = gramnegativ
  • dicke Zellwand (=viele Polysaccharide): Farbe violett-bläulich = grampostitiv

grampositiv

Streptokokken

Staphylokokken

Clostridien (C. tetani > Erreger Tetanus)

Bacillus anthracis (Milzbrand-Erreger)

Corynebacterium diphtheriae (Diphterie)

Atemwegserkrankungen,

Haut- und Wunderkrankungen

gramnegativ

Gonokokken (Tripper, Gonorrhoe)

Salmonellen

Escherichia coli

Shigellen (bakterielle Ruhr)

Vibrio cholerae (Cholera)

Magen-Darm-Erkankungen

Harnwegsinfektionen

Bakterizid (abtötend auf im Wachstum befindliche Bakterien)

Penicilline: grampositiver Bereich

  • Penicillin V

    Einnahme: ½ -1 h vor dem Essen (alle 8 h)

    Indikation: Infektionen mit Streptokokken (z.B. Scharlach)

  • Amoxicillin (Aminopenicillin) auch in Kombination mit Beta-Lactamaseinhinbitoren z.B. Amoxicillin / Clavulansäure

    Einnahme: 2x täglich 1 Tablette (alle 12 h) zu den Mahlzeiten

    Indikationen: Nasennebenhöhlenentzündung (Sinusitis), Mittelohrentzündung (Otitis media), Bronchitis, Harnblasenentzündung, Bakterieninfektionen der Haut, des Gewebes, usw.

Cephalosporine: Einnahme meistens nach den Mahlzeiten, ist aber abhängig vom Wirkstoff

  • Cefixim

    Indikation: Atemwegserkrankungen, Harnwegsinfekte, Gonorrhoe

  • Cefpodoxim

    Indikation: Atemwegs- und Harnwegsinfektionen

  • Cefuroxim

    Indikation: Atemwegsinfektionen, Infektionen der Haut und bei Harnwegsinfektionen

Gyrasehemmer: Einnahme: meist 2x täglich unabhängig von den Mahlzeiten; Milchprodukte, andere Mineralstoffe und Antacida meiden

  • Ciprofloxacin

    Indikation: infektiöse Darmerkrankung, Atemwegsinfektionen (wirksam gegen Pseudomonas aeruginosa!)

  • Levofloxacin

    Indikation: akute Sinusitis, akute Bronchitis, Lungenentzündung, komplizierte Harnwegsinfektion

Bakteriostatisch (Bakterienwachstum wird gehemmt)

Makrolide: Einnahme ½ -1 h vor dem Essen

  • Azithromycin

    Indikation: Infektionen der oberen Atemwege: Nasennebenhöhlenentzündung, Mandelentzündung, Rachenentzündung, Mittelohrentzündung, Haut- und Wundinfektionen

    Besonderheit: kurzer Behandlungszeitraum, meist 3 Tage 1x täglich 1 Tablette

  • Clarithromycin

    Indikation: Bronchitis, Mandelentzündung, Nasennebenhöhlenentzündung (Sinusitis)

Tetracycline: unabhängig von den Mahlzeiten, Milchprodukte meiden

  • Doxycyclin

    Indikation: Atemwegserkrankungen, Infektionen des Urogenitaltrakts, Infektionen des Magen-Darm-Trakts, Chlamydien-Infektionen, Borreliose

    Besonderheit: mit ausreichend Flüssigkeit im Sitzen oder Stehen einnehmen. Nicht kurz vor dem Zubettgehen (mindestens eine Stunde Abstand halten)

  • Minocyclin

    Indikation: Behandlung der Akne (Acne vulgaris)

    Besonderheit: Einnahme üblicherweise morgens und abends nüchtern (1 Stunde vor oder zwei Stunden nach den Mahlzeiten) und mit ausreichend Flüssigkeit (keine Milch). Die Therapiedauer beträgt mindestens vier bis sechs Wochen. Nicht im Liegen oder vor dem Zubettgehen verabreichen.

  • Störungen im Magen-Darm-Bereich: Durchfall, Übelkeit, Erbrechen
  • Allergische Reaktionen (hohe Allergierate bei Penicillinen, Cephalosporinen)
  • Lichtempfindlichkeit, Hautschäden bei Lichteinwirkung (Tetracycline, Gyrasehemmer)
  • Schwächt die Wirkung der „Pille“ (Kontrazeptiva – zusätzliche Verhütung notwendig)
  • Kein Alkohol während der Therapie – Leberschädigung, Verstärkung von Magenproblemen

Problemkeime: schnelle und häufige Resistenzbildung

  • Pseudomonas aeruginosa (gramnegativ)
  • Staphylokoccus aureus (grampositiv)
  • Escherichia coli (gramnegativ)

Generell Resistenzen verhindern:

  • Einsatz des richtigen Antibiotikums (bezogen auf Wirkspektrum) = „so schmal wie möglich, so breit wie nötig“
  • Dosierung und Zeitdauer beachten (bis zum Packungsende aufbrauchen)

Antibiotika töten Erreger ab oder hemmen deren Wachstum und unterstützen somit das Abwehrsystem des Körpers bei der Bekämpfung von Bakterien. Dies geschieht, indem der Wirkstoff die Zellwand oder den Stoffwechsel der Mikroorganismen angreift.

Wichtig ist zu wissen, dass Antibiotika nicht nur gegen krankmachende Erreger wirken, sondern auch gegen Bakterien, die für unseren Körper von hoher Bedeutung sind, z. B. die Darmbakterien oder auch die Milchsäurebakterien der Vaginalflora.

Nach der Einnahme von Antibiotika sind die Darm- und auch die Vaginalflora häufig geschädigt: Unangenehme Folgeerscheinungen wie Durchfall oder Scheidenpilzinfektionen können auftreten. Um die für uns lebenswichtige Flora aus „guten Bakterien“ wiederherzustellen, können sogenannte Probiotika eingesetzt werden.

Probiotika sind in der Regel lebende Bakterien oder Pilze, die sich in den Schleimhäuten vermehren und einen gesundheitlichen Nutzen vermitteln, z. B. Laktobazillen, Bifidobakterien, Enterokokken und Hefepilze.

Welche probiotischen Maßnahmen für Sie die richtigen sind, sollten Sie individuell mit Ihrem Arzt besprechen.

Außerdem sollten Sie sich vor Anwendung des Antibiotikums gründlich über Wirkung und mögliche Wechselwirkungen erkundigen und sich penibel an alle Anweisungen, Mengenangaben etc. Ihres behandelnden Arztes halten.


Gerne beraten wir Sie individuell telefonisch unter 0800 20 40 111 über unterstützende oder wiederaufbauende Medikamente, wenn die Antibiotika-Einnahme unvermeidbar ist. Rufen Sie uns gern kostenfrei an.

Wir klären auf - 5 Mythen rund um Antibiotika

Mythos 1 – Antibiotika helfen gegen Erkältungen

Das ist reiner Irrglaube. Für die klassischen Beschwerden einer Erkältung wie z. B. Halsentzündungen, Schnupfen, Husten, etc. sind meistens Viren verantwortlich. Antibiotika wirken nur gegen bakterielle Erreger und sind bei Erkältungen machtlos. Selbst die echte Grippe ist eine Viren-Erkrankung. Es kann vorkommen, dass zu den normalen Beschwerden einer Erkältung oder Grippe bakterielle Infekte hinzukommen („Superinfektion“). Mögliche Anzeichen hierfür sind zum Beispiel eitrige Mandeln oder grüner Auswurf. In diesem Fall sollte ein Arzt entscheiden, ob und welche Antibiotika gegen die Erreger wirken. Eine Superinfektion kann nämlich schnell gefährlich werden, da der Körper mit der Bekämpfung mehrerer Erreger-Typen überfordert sein kann.

Mythos 2 – Antibiotika machen resistent

Der menschliche Körper kann sich nicht an Antibiotika „gewöhnen“ und dadurch selbst immun gegen deren Wirkung werden − Bakterien allerdings schon. Manche Bakteriengruppen entwickeln eine gewisse Widerstandsfähigkeit oder sogar eine Resistenz gegen bestimmte Antibiotika. Oft entsteht die Resistenz durch zufällige Mutationen im Erbgut des Erregers.

Hat ein Bakterium einmal eine Resistenz entwickelt, gibt es diese an seine Nachkommen weiter. Diese resistenten Keime können zu schweren Infektionen führen, da ursprünglich hilfreiche Medikamente nun nicht mehr gegen sie wirken können.

Um die Resistenz-Entwicklung von Bakterien zu hemmen, ist es wichtig, Antibiotika richtig einzunehmen:

  1. Nur wenn nötig
  2. Bevorzugt Antibiotika einnehmen, die gezielt gegen den betreffenden Bakterienstamm wirken
  3. Antibiotika nicht vor Ende der Packung eigenmächtig absetzen

Mythos 3 – Antibiotika gehören in jede Hausapotheke

Nein. Antibiotika sind aus gutem Grund rezeptpflichtig. Der behandelnde Arzt muss immer individuell entscheiden, in welchem Fall Antibiotika zur Behandlung verwendet werden sollten.

Mythos 4 – Wer sich besser fühlt, kann das Antibiotikum absetzen

Falsch. Es gibt viele Antibiotika, die sehr schnell wirken und die Anzahl der Erreger stark reduzieren. Hierdurch kann es passieren, dass der Patient schon nach kürzester Zeit kaum noch Symptome verspürt. Das bedeutet allerdings nicht, dass die Bakterien bereits komplett beseitigt sind. Überlebende Keime können sich beim vorzeitigen Absetzen des Antibiotikums ungestört vermehren und so kann der Infekt schlimmstenfalls mit voller Stärke zurückkommen. Außerdem können die Bakterien als Folge eine Resistenz gegen das verwendete Antibiotikum entwickeln.

Mythos 5 – Antibiotika und Milch vertragen sich nicht

So direkt lässt sich das nicht sagen. Es gibt tatsächlich einige Antibiotika, die sich nicht mit Milch vertragen, allerdings trifft das nicht auf alle zu. Kritische Wirkstoffe in dieser Hinsicht sind Tetracyklin, Doxycyklin, Minocyklin oder Ciprofloxacin und Norfloxacin. Diese Stoffe können mit dem Calcium aus der Milch schwer lösliche Verbindungen im Magen-Darm-Trakt eingehen. Hierdurch wird die Aufnahme der Wirkstoffe ins Blut gehemmt und das Antibiotikum hat eine schwächere Wirkung. Vor und nach der Einnnahme eines solchen Antibiotikums sollte man mindestens zwei Stunden auf Milch und Milchprodukte verzichten.

Lesen Sie bitte immer aufmerksam den Beipackzettel! Es können nämlich noch weitere Wechselwirkungen auftreten, etwa mit Alkohol oder der Anti-Baby-Pille. Bei Unsicherheiten informieren Sie sich bitte gründlich bei Ihrem Arzt.

 

Pro und Contra

wirken gegen Bakterien – meist z. B. bei Atmenwegsinfektionen mit Fieber und Schüttelfrost, Harnwegsinfektionen wirken nicht gegen Viren – und somit nicht bei z. B. Erkältungskrankheiten, Grippe

 

schnelle Linderung der Beschwerden und Symptome Mögliche Nebenwirkungen: Schädigung der Darmflora

 

→ Magen-Darm-Beschwerden, allergische Hautreaktionen, Schädigung der Scheidenflora
→Scheidenpilz-Infektionen
einfache und unkomplizierte Einnahme Eine Resistenz der Bakterien kann bei häufiger Einnahme von Antibiotika gefördert werden.
  • Antibiotika nur im Ernstfall nehmen
  • Vom Arzt vorgegebene Einnahme- und Dosierungshinweise beachten
  • Auch bei Verbesserung der Symptome wie verordnet zu Ende einnehmen

 

Fazit: Antibiotikum - Ja oder Nein?

Die Einnahme von Antibiotika kann Leben retten. Entscheidend hierbei ist jedoch eine angemessene Verwendung. Antibiotika sollten nicht das Medikament erster Wahl sein, sondern nur dann zum Einsatz kommen, wenn es keine gute Alternative gibt.

 

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Quellen: patienten-information.de | infektionsschutz.de | tk.de | zeit.de | rp-online.de | test.de | geo.de | rki.de